23 Sep
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Die neue Hochphase künstlicher Intelligenz: KI im Banking 2019.

Moderne Lernalgorithmen haben das Potential, die Finanzbranche vollständig auf den Kopf zu stellen.

Die verschiedenen Branchen, allen voran die Finanzindustrie, können sich auf keinen gemeinsamen Tenor einigen, wohin die Reise KI gehen soll. Einigkeit besteht allerdings darüber, dass moderne Lernalgorithmen das Potential haben, die Industrie komplett auf den Kopf zu stellen.

Als der Alibaba-Gründer Jack Ma und die Silicon Valley-Größe Elon Musk letzte Woche bei der World Artificial Intelligence Conference in Shanghai ihre Vorstellung von künstlicher Intelligenz darlegten, hätten diese Überlegungen kaum unterschiedlicher sein können.

STATUS QUO KI: MOMENTAUFNAHMEN.

Der aktuelle Trend geht auf die ersten konzeptuellen Ansätze der 1950er Jahre zurück, doch gerade die Entwicklungen des letzten Jahrzehntes führten zu einer Vielzahl neuer Versuche und Durchbrüche bei der Realisierung künstlicher Intelligenz. Wesentliche Treiber stellen die exponentiell wachsenden Datenmengen sowie bahnbrechende Entwicklungen in der IT-Hardware dar.

Während die ersten großen Schritte in der Gesichts- und Bilderkennung KI zurück in das öffentliche Interesse rückten, sind es nun mitunter die großen Daten-Cluster wie jene von Google und Co., die den Marktstandard definieren.

Die Finanzindustrie ist besonders am Potential von KI interessiert. Dies liegt einerseits an den Erwartungen ihrer Kunden und regulatorischen Anforderungen und andererseits noch vielmehr an den vorhandenen Datenmengen in den Bankenhäusern – gerade diese kristallisieren sich als wesentlichster Vorteil gegenüber neuen FinTechs heraus.

Der Begriff KI ist heute äußerst weit gefasst und stellt generell den Überbegriff über die Thematik intelligenter Prozeduren dar. Das Maschinenlernen wird bereits als engerer Begriff der künstlichen Intelligenz gesehen und umfasst beispielsweise Clustering- oder Regressionsverfahren. Die aufwendigste, komplizierteste und datenintensivste Stufe wird als Deep Learning (DL) bezeichnet, wofür komplexe neuronale Netze herangezogen werden. KI hat keinerlei Fähigkeit, intuitiv zu handeln, kognitive Leistungen werden jedoch durch das Trainieren von Modellen ermöglicht.

Auffällig ist, dass besonders der Begriff Robotics immer wieder in Zusammenhang mit Machine Learning verwendet wird, obwohl dieser eigentlich eher einer Abfolge von Anweisungen entspricht und somit bestenfalls einen Platz in der Nomenklatur der KI findet. Ein Chatbot kann hingegen unter Betrachtung entsprechender technologischer Gesichtspunkte sehr wohl als eine Umsetzung von ML gesehen werden.

Heute werden täglich mehr als 2,5 Trillionen Bytes an neuen Daten generiert. Würde man diese Daten ausdrucken, ließe sich die Entfernung zwischen Erde und Mond mehrmals bewältigen. Die heute vorhandene Rechenleistung ermöglicht die Verarbeitung dieser Datenmengen. Dabei sehen Banken nicht primär die Grundlagenforschung als ihre Aufgabe, sondern vielmehr liegt der Fokus auf dem Bestreben, intelligente Zusätze in bestehende und neue Applikationen zu integrieren. Notwendige Frameworks werden aus kommerziellen, aber ebenso freien Quellen bezogen.

Abstrakte Beispiele zu künstlicher Intelligenz gibt es mittlerweile zahlreiche, dazu gehören im Speziellen komplexe Abläufe wie sinngemäße Übersetzungen sowie autonome Fahrzeuge oder sensorenunterstütztes Lernen. In der Finanzwelt konnten sich vor allem intelligente Maßnahmen zur Fraud Prevention, also der Vermeidung von beispielsweise Kreditkartenbetrug, Geldwäsche oder der Identifikation von digitalen Identitäten (das Ausnutzen von Namensähnlichkeiten zu Betrugszwecken), durchsetzen. Besonders beliebt in der Branche ist zudem die Textverarbeitung bei Document Scanning oder Chatbots.

Aktuelle allgemeine KI-Markttrends:

  • Wissensgraphen – die Verbindung verschiedener Objekte aus einer komplexen ungeordneten Datenmenge auf systematische Weise. Daten werden nicht in einfachen Abfolgen, sondern in einzelnen, teils zusammenhängenden Knoten gespeichert.
  • Hypermind – fasst die sensorenunterstützte KI zusammen. Primär wird man durch Projektionen/Augmented Reality („Google Glass“-ähnliche Brillenkonstrukte) in Kombination mit Bilderkennung in seinen Tätigkeiten unterstützt.
  • Multimedia Opinion Mining – stellt den Überbegriff zur Multimedia-Segmentierung dar, die Medien nach persönlichen Einschätzungen, Vorlieben oder Gefühlen clustert. So können beispielsweise negative Nachrichten in Kombination mit einem positiven Bild abgeschwächt oder entschärft werden. Die Verbreitung von Fake News kann als Negativbeispiel für diese Art von KI gesehen werden.

Die Finanzbranche fokussiert sich derzeit noch auf deutlich konkretere Ansätze wie:

  • Das intelligente Automatisieren von Kreditratings
  • KI-Verarbeitung von Textdokumenten
  • Automatisiertes Zahlungswesen nach Ausfallsklassifikationen

Abseits dieser Vielzahl von Chancen stehen Finanzinstitute zunehmend vor einer breiten Front an Hürden. Besonders ist die Nachvollziehbarkeit von Ergebnissen oftmals nicht gegeben, woran sich vor allem Aufsichts- und Datenschutzbehörden stoßen. Selbstständige Lernprozesse führen im Optimalfall zwar zu vermeintlich korrekten Resultaten, können aber nicht konsequent auf ihre Kausalität und die entsprechenden Entscheidungsgrundlagen geprüft werden.

Erste vielversprechende Lösungsversuche zu diesem Problem sind Ansätze zur textuellen Ausgabe von wichtigen Entscheidungsknoten, also eine Art Logging, wodurch ein gewisses Maß an Nachvollziehbarkeit ermöglicht werden soll. Dieser Ansatz steht jedoch noch sehr am Beginn der Forschung. Ein bedeutend einfacherer Prozess ist die Visualisierung von (Zwischen-)Ergebnissen, was jedoch nicht immer zu plausiblen Erklärungen führen wird.

Eine weitere beträchtliche Hürde zeigt sich in der ethischen Komponente der künstlichen Intelligenz. Ein medial bekanntes und kontroverses Beispiel hierzu liefert die Erkennungssoftware von autonomen Fahrzeugen. Diese hat(te) nachweislich große Probleme, Passanten zu erkennen, wenn diese nicht der typischen weißen Person entsprachen. Besonders dunklere Hauttöne wurden deutlich schlechter erkannt. Dieses Fehlverhalten ist auf die selektive Auswahl an Testdaten zurückzuführen. Das Problem solcher einseitig erhobenen Daten (‚biased‘) wird auch die Finanzindustrie in der einen oder anderen Form treffen, beispielsweise bei der KI-unterstützten Vergabe von Krediten, und sie wird sich damit entsprechend auseinandersetzen müssen.

ZUSAMMENFASSUNG

Fakt ist, dass gerade Finanzinstitute ihr KI-Potential erst sehr wenig ausgeschöpft haben, was angesichts der enormen vorhandenen Datenmengen schwer verständlich ist. Künstliche Intelligenz befindet sich in einer weiteren Hochphase, aktuelle Fortschritte legen jedoch nahe, dass diese, anders als in der Vergangenheit, andauern wird.

Lesen Sie mehr über das Thema und den Exkurs zu PSD2 und GDPR im Zusammenhang im SDS Report. Laden Sie sich den Report zum Thema AI/KI im Banking herunter.